TERRA-Online / Gymnasium


Selektive Wanderungen


Bevölkerungsverteilung, Wanderungen, Migration, Arbeitsmarkt, Modernisierung, Umweltsituation

Von entscheidender Bedeutung für die Veränderungen im Muster der Bevölkerungsverteilung sind die aktuellen Wanderungen. Arbeitsplatzmöglichkeiten und die Lebensqualitäten mit Wohnungsmarkt und Freizeitaktivitäten bilden die wesentlichen Wanderungsmotive. Der Arbeitsmarkt der 1980er und 90er Jahre wird bestimmt durch die neuen sunrise-industries wie Mikroelektronik, Hardware- und Softwareentwicklungen, Telekommunikation und Biotechnologie, insgesamt die wissens- und kommunikationsintensiven Branchen. Zusammen mit dem Standortpotential „Lebensqualität“ erzielen die sog. new industrial-spaces wie Silicon Valley (Kalifornien), Phoenix (Arizona), Houston, Austin, Dallas (Texas) oder Orlando (Florida) sowie der Research Triangle Park (North Carolina) wachsendes Interesse. Einen weiteren Wanderungsimpuls liefern die entertainment-Möglichkeiten in attraktiven, wintermilden Landschaften und in kostengünstigen Wohngebieten (frontier of comfort).

Diese Faktoren bewirken eine selektive Wanderung von gut ausgebildeten Weißen in die genannten Regionen des Südens und Westens. Insgesamt vermindert sich im Vergleich zu den 1970er Jahren die Wanderung nach Westen. Außerdem werden die Nordoststaaten für gut ausgebildete Weiße und für Einwanderer aus der Karibik attraktiv wegen der Modernisierung von Wirtschaftszweigen und der Entwicklung neuer Produktfelder durch Verknüpfung von Komponenten und Geräten zu Systemen.
Die wechselseitigen Wanderungen zwischen den Zentren des Manufacturing Belts und den neuen Wanderungszielen in Florida, Texas und Kalifornien führen zur Veränderung der mental maps, die Vorstellungen von den Distanzen zwischen den Großregionen werden kürzer.
Vermehrt macht sich der Wanderungsimpuls „Ökologie“ bemerkbar. Viele Kalifornier verlassen ihr Wohngebiet wegen Smogproblemen, Wasserverschmutzung, zunehmenden Verkehrsstaus und steigenden Kosten durch Umweltauflagen und Steuern. Die overspill-Wanderungen richten sich nach Nevada, Arizona und nach Oregon sowie Washington. Seit den 1990er Jahren hat Kalifornien zum ersten Mal eine hohe Abwanderung von über 1 Mio. Menschen zu verzeichnen.
Verstärkt hat sich die Abwanderung von Schwarzen aus den Industriestädten des Nordens in die Südstaaten. Die sog. returnees nutzen ihre sozialen Netze zur Standortwahl des Wohnortes; meistens ist es der einstige Heimatort oder eine kleinere Landstadt. Auch die sog. non-returnees, die Nachkommen der zweiten oder dritten Generation jener Schwarzen, die während der Weltkriege aus den Südstaaten in die Industriezentren des Nordens gezogen waren, wandern in die Südstaaten zurück. Push-Faktoren im Norden und in den Metrogebieten des Westens sind die teuren und schlechten Wohnbedingungen in den Ghettos und Slums der Innenstädte, deren schlechte Schulbedingungen und hohe Kriminalitätsraten, die hohen Lebenshaltungskosten und die seit den 1970er Jahren verloren gegangenen Arbeitsplätze. Die Pull-Faktoren des Südens sind das ausgeglichenere soziale Verhältnis zwischen Schwarzen und Weißen im Unterschied zu früher, niedrigere Lebenshaltungskosten und größere Möglichkeiten für Arbeitsplätze in standardisierter Produktion oder in einfachen Dienstleistungen. Diese Wanderung stellt eine counterstream-Bewegung dar, eine reversal migration.
Eine selektive Wanderung bilden die snowbird-Wanderungen. Rentner, meist über 65-Jährige, ziehen während der kalten Jahreszeit aus den Nordstaaten in den Süden, um im Sommer wieder in die Heimatregion des Nordens zurückzukehren. Sie wandern saisonal und werden deshalb als snowbirds bezeichnet; manche verbleiben aber auch permanent im wintermilden Süden.

Ursachen der Migrationsprozesse sind regionales Wirtschaftswachstum, Arbeitsplatzmöglichkeiten, Arbeitsplatzsicherheit, Lebensqualität, Lebenshaltungskosten und die amenity-Faktoren, die Gunstbedingungen wie warmes Klima und Freizeitmöglichkeiten. Vor allem die 20-Jährigen sind die dominanten Akteure des Wanderungsgeschehens. Intensität, Richtung und Dauer der Wanderungen in bestimmte Regionen sind sehr verschieden, es gibt unterschiedliche Wanderungsmuster oder Wanderungsregime, die im Zusammenhang mit der Entwicklung der postindustriellen Gesellschaft gesehen werden.


Quelle: Geographie Infothek
Autor: Nach: Roland Hahn: USA. Perthes Länderprofile. Gotha und Stuttgart: Klett-Perthes 2002, S. 430-434, gekürzt, gering verändert
Verlag: Klett
Ort: Leipzig
Quellendatum: 2004
Seite: www.klett.de
Bearbeitungsdatum: 12.05.2006
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